Es geht nun für die übernehmende und für die übergebende Partei darum, die vertraglichen Vereinbarungen umzusetzen und gemachte Versprechungen einzuhalten. Einen wesentlichen Anteil daran, dass eine optimal aufgesetzte Nachfolge nachhaltig gelingt, hat, ob die WKD-Formel (Wollen x Können x Dürfen) von beiden Parteien umgesetzt wird. Besprochen werden diese Formel und die sich daraus ergebenden Fragestellungen im Nachfolgeprozess bereits weit vor dem Closing. Aber jetzt geht es darum, Farbe zu bekennen umzusetzen.
Pro Kästchen (Wollen, Können, Dürfen) können nur die Zahl 1 (erfüllt) oder die Zahl 0 (nicht erfüllt) eingesetzt werden. Ist ein Faktor nicht erfüllt, also Zahl 0, ist die Nachfolge nicht gelungen. Diese Darstellung zeigt schön und deutlich auf, dass die Nachfolge ein Zusammenspiel zwischen den Parteien ist.
Spätestens jetzt beginnt die unternehmerische Einstiegsphase der übernehmenden Partei. Dabei empfiehlt es sich, zu kontrollieren, ob die im Kaufvertrag vereinbarten Zusicherungen (Versprechen einer Eigenschaft) zutreffen. Tun sie das nicht, stehen der übernehmenden Partei die vertraglichen Mittel wie Nachbesserung, Wandelung oder Minderung zur Verfügung. Zu beachten ist, dass die gesetzliche Verjährungsfrist für Zusicherungen zwei Jahre beträgt.
Parallel dazu gilt es vor allem zu beobachten und sich gründlich einzuarbeiten. Aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen folgen erste Adjustierungen und Veränderungen im Unternehmen. Damit ist nicht gemeint, alles auf den Kopf zu stellen. Das würde zu Unsicherheiten bei den Mitarbeitenden führen. Erfahrungsgemäss sind vor allem Führungsstrukturen und die Führungs- und Informationskultur einer Überprüfung und einem Refit zu unterziehen dies so, dass betriebsintern auf eine positive Weise der Groove der neuen Führung zu spüren ist. Hat man das Team hinter sich, sind interne und externe Fragestellungen anzugehen.
Interne Fragestellungen können sein:
• Verfügt das Unternehmen über die richtigen Mitarbeitenden und sind diese am richtigen Ort eingesetzt?
• Sind die Prozesse und Abläufe in den verschiedenen Abteilungen optimal organisiert? • Woher stammen Innovationen und Verbesserungsvorschläge? Werden diese auch entsprechend gehört?
• Mit welchen Fähigkeiten und daraus folgend mit welchen Personen wird die strategische Führung (Verwaltungsrat) besetzt?
• Mit welchen Führungsinstrumenten wird gearbeitet? Beispiele: Zielvereinbarungen, Delegation von Aufgaben und Verantwortung, Informationspolitik, Kontrolle etc.
Externe Fragestellungen können sein:
• Welches ist die Vision und daraus abgeleitet welches die Strategie der Unternehmung?
• Welche strategischen Ziele werden verfolgt?
• Welche strategischen Werkzeuge werden benötigt?
• Welches sind die strategischen Erfolgspositionen?
• Wo liegen die Stärken und Chancen?
• Wo liegen die Schwächen und Risiken?
• Welche Chancen und Risiken bestehen in der Branche (PESTEL-Analyse)?
All das zeigt, dass der übernehmenden Partei die Arbeit neben dem Tagesgeschäft nicht ausgeht.
Was tut die übergebende Partei?
Als Nachfolgebegleiter wissen wir, dass viele Nachfolgen nach dem Closing auch für die übergebende Partei noch nicht ganz abgeschlossen gilt, die der übernehmenden gemachten Versprechungen sind. Es Partei und Zusicherungen einzuhalten bzw. umzusetzen. Es kommt z. B. oft vor, dass während der ersten Monate eine Begleitung und Einführung versprochen wurde. Das gilt es nun motiviert und wertfrei zu erfüllen. Es kann zur Herausforderung werden, wenn die übernehmende Partei bisher bewährte Vorgänge hinterfragt oder gar verändert. Ganz schnell wechselt dann die Gefühlslage von der rationalen auf die emotionale Ebene. Das führt nicht selten dazu, dass weitere Gespräche mit dem Nachfolgebegleiter notwendig werden und dieser versucht, die Situation zu beruhigen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Erst wenn alle Zusicherungen, welche nach dem Closing fällig werden, erfüllt sind, ist die Nachfolge auch für die übergebende Partei abgeschlossen.
Danach beginnt für beide der normale Alltag. Nach der Nachfolge ist vor der Nachfolge - das Rad dreht sich weiter. Die Unternehmensnachfolge ist eine der wichtigsten und schönsten Aufgaben für Unternehmerinnen und Unternehmer. Gut vorbereitet und professionell begleitet ist sie ein Genuss und der krönende Abschluss der Tätigkeit.
AUTOR
Marco Ferigutti
dipl. Treuhandexperte
consis Treuhand AG
AUTOR
Philipp Maggiorini
dipl. Treuhandexperte
consis Treuhand AG