Seit der Jahrtausendwende kannten die Immobilienpreise in der Schweiz bloss eine Richtung - nach oben. Auch wenn die Preise in den letzten Jahren nicht mehr so stark gestiegen sind, erfreut sich manch ein Immobilienverkäufer an einem finanziell lohnenden Geschäft. Zumindest vorerst.
Die Freude an einem Gewinn wird je nach Liegenschaftskanton oder Eigentumsverhältnis durch unterschiedliche Steuerarten geschmälert. Für im Privatvermögen gehaltene Immobilien ist die Grundstückgewinnsteuer und für im Geschäftsvermögen einer AG oder GmbH die Gewinnsteuer altbekannt. Die Vielfalt der Besteuerung kennt allerdings noch weitere Formen. So treten steuerliche Sonderlinge zutage, welche auf den ersten Blick für viele Personen nicht erkennbar sind.
Was sind diese Sonderfälle?
Der erste betrifft Privatpersonen mit mehreren Liegenschaften im Privatvermögen, welche steuerrechtlich als "gewerbsmässige Liegenschaftenhändler" qualifizieren, was einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgesetzt wird. Für diese Steuerpflichtigen kommt im Verkaufsfall nicht die Grundstückgewinnsteuer mit allfälligem Haltedauerrabatt zum Tragen, sondern die Einkommenssteuer zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge. Bei einem Liegenschaftsgewinn in der Maximalprogression bedeutet dies in Kombination mit den Sozialversicherungsbeiträgen schnell eine Steuer- und Abgabenbelastung von insgesamt 45 Prozent.
Ein weiterer Sonderfall betrifft den Mehrheitsverkauf von Beteiligungsrechten an einer Immobiliengesellschaft. Grundsätzlich wird beim Verkauf von im Privatvermögen gehaltenen Aktien ein steuerfreier Kapitalgewinn erzielt. Nicht so bei Aktien an einer Immobiliengesellschaft. Zwar realisiert der Verkäufer auf Bundesebene in der Regel weiterhin einen steuerfreien Kapitalgewinn, auf kantonaler Ebene unterliegt dieser Aktienverkauf aber in den meisten Fällen der Grundstückgewinnsteuer. Es liegt nämlich eine wirtschaftliche Handänderung vor, welche aus Sicht des Grundstückgewinnsteuerrechts der Veräusserung eines Grundstückes gleichgestellt wird.
Die Reihe von steuerlichen Fallstricken beim Immobilienverkauf wurde jüngst durch das Bundesgericht erweitert (Urteil des Bundesgerichts 9C_89/2023, 9C_117/2023 vom 12. März 2024; siehe auch das Urteil 9C_90/2023, 9C_120/2023 vom selben Datum). Im besagten Fall war die Qualifikation eines Gewinns aus Verkauf eines Miteigentumsanteils an einer Parzelle streitig. Der Steuerpflichtige war mit den weiteren Miteigentümern vertraglich eine einfache Gesellschaft eingegangen, um ein Immobilienprojekt zu realisieren. Speziell zu erwähnen ist, dass der Steuerpflichtige selbst nicht in der Immobilienbranche tätig war und zudem nur über einen Miteigentumsanteil von 7,5 Prozent verfügte.
Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass von einer selbstständigen Erwerbstätigkeit auszugehen ist, wenn sich mehrere Personen für ein bestimmtes Immobiliengeschäft in einem Baukonsortium zusammenschliessen sowie gewisse von ihnen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit handeln und in Absprache mit den anderen die Geschäfte führen. Es reichte aus, dass eine solche Tätigkeit auf der Ebene der Gesamtheit bestand, obwohl der besagte Steuerpflichtige als Privatperson sich selbst nicht um die Immobiliengeschäfte kümmerte.
Was heisst dies nun für die Praxis?
Aufgrund von Einzonungsbeschränkungen von Bauland sowie gesetzlichen Vorgaben zu verdichtetem Bauen sind Einfamilienhäuser mit grosszügigem Umschwung in bestimmten Bauzonen begehrter denn je. Auf diesen Grundstücken lassen sich grosse Bauvorhaben wie Mehrfamilienhäuser oder Gewerbeobjekte mit der Absicht zum Verkauf realisieren. Den grössten Mehrwert erzielt das Projekt erst nach Vollendung des Objektbaus, was manchen Grundeigentümer dazu bewegt, am Bauvorhaben teilhaben zu wollen. Wird das Projekt in der Praxis nun tatsächlich mithilfe einer einfachen Gesellschaft verwirklicht, kann eine allfällige Steuer- und Abgabenbelastung von 45 Prozent die Freude des privaten Grundeigentümers am Gewinn doch deutlich trüben.
Geht dies auch anders?
Es ist auf jeden Fall eine fundierte Prüfung wert. Pauschal lässt sich diese Frage jedoch nicht beantworten. Je nach Erwerbsform, Nutzung, Häufigkeit, Finanzierung, Liegenschaftskanton sowie Eigentumsverhältnissen sieht die Sachlage anders aus. Wichtig ist einzig, vor dem Erwerb oder der Projektierung der Immobilie eine Fachperson beizuziehen. So, dass hoffentlich etwas mehr vom Immobiliengewinn verbleibt.
AUTOREN
Isabelle Krüse
Dipl. Steuerexpertin
at ag Rechtsanwälte und Steuerexperten
Kevin Müller
Dr. iur., Rechtsanwalt und Notar
at ag Rechtsanwälte und Steuerexperten